Lisbeth Schäfer: «Schläfst du?»
Bruno Schäfer: «Nein.»
Lisbeth: «Kannst du nicht schlafen?»
Bruno: «Nein.»
Lisbeth: «Warum nicht?»
Schweigen.
Lisbeth: «Warum sagst du nichts?»
Bruno: «Weil ich nicht mag.»
Lisbeth: «Ich bin auch müde und mag trotzdem reden.»
Bruno: «Du tickst eben anders.»
Lisbeth: «Genau das ist es. Du kannst mir ja sagen, wenn etwas nicht stimmt ... Ist es wegen mir?»
Schweigen. Das glaub ich nicht, denkt Lisbeth, nach 32 Ehejahren!
Lisbeth: «I-s-t e-s w-e-g-e-n m-i-r?»
Bruno: «Nein.»
Lisbeth: «Warum sprichst du denn nicht? Vielleicht kann ich dir ja helfen.»
Bruno: «Das glaube ich nicht. Es ist mein Problem.»
Lisbeth: «Dein Problem?»
Bruno: «Ja, mein Problem!»
Lisbeth: «Was läuft denn schief? Nun sprich doch endlich!»
Schweigen. Bruno dreht sich auf den Rücken.
Bruno: «Es geht um Priska.»
Lisbeth: «Priska Meier, deine engste Mitarbeiterin?»
Bruno: «Ja, Priska Meier, meine engste Mitarbeiterin.»
Schweigen.
Bruno: «Sie ist schwanger.»
Lisbeth sitzt senkrecht im Bett.
Lisbeth: «Schwanger? Mein Gott.»
Bruno: «Ja, schwanger ... aber nicht von mir.»
Aufatmen. Lisbeth legt sich wieder hin.
Lisbeth: «In welchem Monat?»
Bruno: «Im fünften.»
Lisbeth: «Aber das ist ja kein Grund zum Schweigen.»
Bruno: «Nein, aber sie hat auch gekündigt.»
Lisbeth: «Ouu, dumm. Aber du kannst sie doch ersetzen.»
Bruno: «Ersetzen schon. Aber sie weiss doch alles.»
Lisbeth: «Was alles? Sie muss sich doch loyal verhalten. Du hast sie ja immer sehr gut bezahlt.»
Schweigen. Lisbeth dreht sich auf die Seite.
Lisbeth: «Kannst du jetzt schlafen?»
Bruno: «Nein.»
Lisbeth: «Immer noch nicht?»
Bruno: «... Sie wird auch heiraten.»
Lisbeth: «Das ist doch nicht schlimm.»
Bruno: «Nein, aber sie wird den Schumacher heiraten.»
Lisbeth: «Schumacher? Deinen Bankberater? Den kennt sie ja gar nicht.»
Bruno: «Doch, seit fünf Monaten. Darum wird sie auch schnell über meine Situation Bescheid wissen.»
Lisbeth: «Kannst du denn die Bank nicht wechseln?»
Bruno: «Könnte ich schon, aber keine Bank wird meinen Schuldenberg übernehmen wollen.»
Lisbeth: «Und Schumacher?»
Bruno: «Schumacher? Der hat seine Familie hocken gelassen und heiratet Priska ...»
Lisbeth: «Wie bitte?»
Bruno: «... und mich wird er auch bald fallen lassen.»
Lisbeth: «Kann er doch nicht, der sitzt doch im gleichen Boot. Der hat doch jahrelang eigenhändig deine Bilanz frisiert, damit er als Berater mehr Boni erhält ... »
Stimmt, denkt Bruno.
Lisbeth: «... und du Steuern sparen kannst. Das hast nun davon mit deinem verfluchten Scheissgeld. ... Der kann dich nicht fallen lassen.»
Bruno: «Doch, Priska hatte am Bankkundenfest einen Flirt mit dem bankinternen Revisor und ihn naiv auf die Spur gebracht.»
Lisbeth: «Spinnt die denn?»
Bruno: «Sie wusste nicht, wer er war. Schumacher hat sie erst nachher aufgeklärt.»
Schweigen. Dicke Luft.
Lisbeth: «Du musst mit Schumacher sprechen.»
Bruno: «Das mache ich ja.»
Lisbeth: «Aber sofort, wann?»
Bruno: «Wann? Donnerstag um halb drei.»
Lisbeth: «Mitten am Nachmittag? Kann der einfach weg?»
Schweigen.
Bruno: «Er wurde bereits fristlos entlassen.»
Schweigen. Die Uhr schlägt drei.
Bruno dreht sich wieder auf die Seite.
Bruno: «Also, schlaf gut.»
Lisbeth steigt aus dem Bett.
Bruno: «Was machst du jetzt?»
Lisbeth: «Buhh, jetzt kann ich nicht mehr schlafen.»