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Wenn Drohnen drohen

Der heisse Sommer hat auch mich in die Badi getrieben. Leider war ich nicht alleine mit dieser Idee. In meiner Erinnerung dominiert vor allem die Erkenntnis, dass der badefreudige Mensch in der Not ziemlich viel erträgt, vor allem viel Nähe. Aber erfrischend war es trotzdem.

 

Das Ganze wäre eigentlich nicht erwähnenswert, wenn nicht plötzlich ein Surren vom gemeinsamen Bräunen abgelenkt hätte. Zuerst weit weg, dann immer näher und direkt über uns wurde das Surren sesshaft. Eine Drohne! Wie eine lästige Fliege schaukelte das Ding über uns hin und her und blinkte mit ihren Insektenaugen auf uns herab. Kurz vor dem Höhepunkt der kollektiven Empörung drehte das Teil ab in Richtung See und war weg. Voll gefüttert mit hochauflösenden Bildern von offenen Badetaschen, ausgebreitetem Picknick-Gelage und sonnengeröteten Rücken. Wer bedient sich da an unserem Privatleben? Erhalte ich jetzt von irgendeinem Hautarzt eine Einladung für eine Hautkontrolle? Oder von einer Buchhandlung neue Romanvorschläge? Oder von Zalando ein Angebot für meine abgelatschten Espadrilles? Na, bravo.

 

Aber Hand aufs Herz, wäre eine kleine, hilfsbereite Hausdrohne nicht ganz praktisch? So eine «Gib mir-» oder «Hohl mir-»Drohne, die mir das Leben erleichtert! Sie würde ohne Murren ein vergessenes Glas von der Küche in den Garten fliegen, das Buch aus dem Schlafzimmer holen, schmutziges Geschirr in die Küche transportieren, zerstreute Spielsachen im Garten zusammensammeln oder eine fehlende Zitrone beim Nachbarn abholen. 

 

Oder eine fleissige Gartendrohne? Die Ferien würden viel einfacher! Ich könnte vom Bündnerland aus meine Drohne zuhause starten, den Garten giessen, die reifen Aprikosen pflücken und herumstreunende Katzen aus dem Garten fliegen. Oder das Altpapier am Sammeltag am Strassenrand platzieren. 

 

Zurück in die Realität. Vermutlich wäre es schlauer, erst mal unsere Probleme am Boden zu lösen, statt einfach die dritte Dimension zu erobern. ETH-Professoren und innovative Unternehmer prophezeien, dass es bald von Drohnen wimmeln wird. Sie sehen die kleine Schweiz bereits als Silicon Valley der Robotik. Für Vermisstensuche, Medikamententransporte, Müllsammlung, Vermessungen, Blütenbestäubung oder Kontrollflüge scheinen Drohnen noch ganz nützlich. Aber was mit den Schwärmen von privaten und kommerziellen Kleinhelikoptern? Wie soll das am Himmel funktionieren? Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich von einem Post- oder Zalandopaket erschlagen werde, heute noch verschwindend klein. Aber vielleicht wird dann in einigen Jahren auch für Fussgänger eine Helmpflicht eingeführt…

 

Ob ich mir eine Drohne anschaffe? Kaum, meine Drohneneuphorie hält sich in Grenzen. Meine Neugier und Bequemlichkeit sind noch weit von jenem Level entfernt, die eine Drohne erforderlich machen würde. Zurzeit genügt mir mein Leben aus horizontaler Sicht, den Blick aus der Luft überlasse ich den Vögeln.

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